Nam June Paik
Der Denker
1976/78
EB47
Skulptur nach Rodin, Kunststoff, Video-Kamera, Stativ, Fernsehgerät, weiß lackierter Holzsockel
Höhe des Objektes: 135 cm. Sockel in geschlossenem Zustand 70 x 50 x 110 cm
12 Exemplare + 2 AP, signiert und nummeriert
vergriffen
»The most elaborate piece in the show is entitled Video Buddha«, schreibt ein New Yorker Kritiker über Nam June Paiks Einzelausstellung Paper TV and Video Buddha 1975 in der Galerie René Block in New York in der Soho Weekly News. »Here, Paik has placed a seated Buddha sculpture before a television screen, which picks up and reflects the Buddha’s image. It is an experiment in electronic contemplation – an electronic submersion in Zen – an incongruous and ironic comment on the basic of futility of ›loosing oneself‹.«1
Die Konzeption des Auflagenobjekts Der Denker knüpft an die zwei Jahre zuvor entstandene Video-Skulptur Video Buddha an, setzt aber an die Stelle des Buddhas eine Miniaturreplik der bekannten Skulptur Der Denker von Auguste Rodin aus Plastik. Es ist das erste Auflagenobjekt Paiks in der Zusammenarbeit mit René Block, in dessen Galerieprogramm der Künstler bereits im Juni 1965 mit der Aufführung der Robot Opera (1964) mit einem selbstgebauten und ferngesteuerten Roboter am Brandenburger Tor und an der Gedächtniskirche in Berlin im Rahmen einer Fluxus-Soirée vertreten war. Ausstellungen folgen vor allem in der New Yorker Galerie. In New York finden Paik und Block auch zufällig diverse Exemplare einer Miniatur der Rodin-Skulptur in einem Gemischtwarenladen südlich der 14. Straße in Manhattan – zum Glück, denn die eigene Herstellung dieser Replik hatte sich als sehr aufwendig und kostspielig erwiesen. Die Idee, den Denker für ein Auflagenobjekt im Closed-Circuit-Video-Verfahren zu verwenden, war entstanden, da die Video-Skulptur TV Buddha nach dem Verkauf an das Stedelijk Museum Amsterdam nach Absprache mit dem Direktor Edy de Wilde nicht mehr in Auflage produziert werden konnte. Anders als die Buddha-Figur, die frontal zu Kamera und Monitor steht und auch über die Blickachsen einen geschlossenen Kreislauf produziert, neigt der in sich versunkene Denkende von Rodin seinen Kopf leicht zur Seite. Die seitlich aufgestellte Videokamera fängt den Blick des Denkers zwar ein, der jedoch, vom Monitor abgewandt, das aufgezeichnete und in Echtzeit gezeigte Bild nicht zu beachten scheint.
Das Auflagenobjekt umfasst neben der Skulptur das gesamte technische Equipment für den Aufbau der installativen Edition. Alle Bestandteile – die Skulptur nach Rodin, Video-Kamera, Stativ, Fernsehgerät – sind in einer weiß lackierten Holzkiste untergebracht, die zugleich als Sockel für die Präsentation der Edition verwendet werden kann. Um den richtigen Aufbau zu gewährleisten, ist sie mit einer Schräge für den Monitor und einem kleinen Sockel für die Skulptur ausgestattet. Als einer der Pioniere der Videokunst ist Paik auch in der Produktion der Edition Der Denker auf der Höhe der technischen Möglichkeiten.
Text: Birgit Eusterschulte
1 John Gruen, »Video, Sculpture, Still Life«, in: Soho Weekly News (13. Februar 1975).
