Joseph Beuys
… aus dem Maschinenraum
1977/78
EB44
Glas (Höhe 14 cm, Durchmesser 11 cm) mit Fett, Dose (Höhe 12 cm, Durchmesser 10 cm) mit Honig
12 Exemplare + 4 AP, signiert und nummeriert
vergriffen
Die zweiteilige Edition … aus dem Maschinenraum besteht aus einem mit Fett befüllten Einmachglas mit Spangenverschluss und einer Konservendose mit Honig. Der Titel ist dabei wörtlich zu verstehen, denn Fett und Honig stammen – wie auf der Papierbanderole der Metalldose zu lesen ist – aus der von Beuys für die documenta 6 1977 entwickelten Installation Honigpumpe am Arbeitsplatz. Der »Maschinenraum« dieser Installation war in der zentral gelegenen Rotunde des Museums Fridericianum untergebracht. Von diesem aus hielt eine komplexe Maschinerie, bestehend aus einer Pumpe und einer auf Fett rotierenden Kupferwalze mit zwei Motoren, verdünnten Honig in Bewegung, der in einem Kreislaufsystem aus Schläuchen und Leitungen über die gesamte Höhe des umgebenden Treppenhauses zirkulierte. Dem physischen Kreislauf mit vielschichtigem Symbolgehalt für ökologische und soziale Zusammenhänge stellt Beuys während der documenta 6 die Zirkulation von Ideen in Form von Workshops und Seminaren der FIU (Free International University) zur Seite, in denen er mit Besucherinnen und Besuchern über 100 Tage hinweg in unmittelbarer Nähe zur Honigpumpe am Arbeitsplatz gesellschaftlich relevante Themen diskutierte. »Ich wollte einen Arbeitsplatz herstellen«, erläutert Beuys den Zusammenhang von Installation und Aktivitäten der FIU, »auf dem sichtbar wird, wie der erweiterte Kunstbegriff wirkt, das heißt, wie er sich als erweiterter Kunstbegriff vom tradierten Kunstbegriff unterscheidet und auf was er sich bezieht.«1
Die Edition … aus dem Maschinenraum entstand beim Abbau der documenta-Arbeit, dessen komplexe Realisierung bereits von René Block und dessen Vater begleitet worden war. Letzterer realisierte als gelernter Ankerwickler die Konstruktion der Kupferwalze mit den zwei gegenläufig rotierenden Motoren und das Pumpensystem. Zuvor hatte Beuys, der sich in dieser Zeit für die Elemente und Prozesse von handwerklichen Werkstätten interessierte, die gesamte, von Werner Block weitgehend im Eigenbau hergestellte Elektrowerkstatt nach deren Aufgabe übernommen. Eine von diesem entwickelte Tränkanlage für die Imprägnierung von Motoren findet sich als Nachbau als das zentrale Element der Honigpumpe am Arbeitsplatz in Form eines Edelstahlbottichs wieder, aus dem der flüssige Honig in das Kreislaufsystem gepumpt wird.
Wie zur Bekräftigung der Herkunft aus der documenta-Arbeit ist auf die Papierbanderole der Metalldose, auf dem Titel und Angaben zur Edition zu finden sind, der von Beuys handgeschriebene Zusatz »ja … aus dem Maschinenraum« hinzugefügt. Die Edition ist zudem von Beuys auf der Banderole der Dose in Bleistift signiert und nummeriert. Die zentralen Elemente der Installation – Honig und Fett als Materialien, die in Beuys’ Werk für energetische und transformatorische Prozesse stehen – werden als Relikte der geistigen und physischen Aktivitäten der Honigpumpe am Arbeitsplatz konserviert. Die dortige Verwendung hat Spuren im Material hinterlassen. Insbesondere auf dem Fett hatte sich während der 100 Tage im Maschinenraum eine Staubschicht gelegt, die als Sedimentierung der geistigen und physischen Prozesse gesehen werden kann. Fett aus der documenta-Arbeit geht auch in zwei eigenständige Objekte ein. Für Zur Honigpumpe (1977) legt Beuys zwei Ziegelsteine mit Margarine in einen Karton, in Aus dem Maschinenraum, Anhänger (1977) ist das Fett zusammen mit kleinen Rollen aus Filz in zwei Margarinekartons gefüllt.
Text: Birgit Eusterschulte
1 »Videointerview. Karl Oskar Blase – Joseph Beuys«, in: Veit Loers, Pia Witzmann (Hg.), Joseph Beuys. Documenta-Arbeit, Ausst.-Kat. Museum Fridericianum Kassel, Stuttgart 1993, S. 169–176, hier S. 169.

