Grafik des kapitalistischen Realismus
1967
EB25
Leinenkassette mit Siebdrucken von KP Brehmer, K.H. Hödicke, Konrad Lueg, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Wolf Vostell
86 x 61 x 2,5 cm
80 Exemplare, alle Blätter signiert und nummeriert
vergriffen
Die großformatige Mappe Grafik des Kapitalistischen Realismus mit sechs Siebdrucken von Klaus Peter Brehmer, Karl Horst Hödicke, Konrad Lueg, Sigmar Polke, Gerhard Richter und Wolf Vostell und einem Offsetdruck von René Block erscheint 1967 im Berliner Stolpe Verlag. Die Auflage wird zunächst in einer Hartschaumkassette (Styropor) verlegt, die sich jedoch als nicht praktikabel erweist und durch eine Kassette aus grauem Karton ersetzt wird. Ab 1970 entsteht zudem eine hochwertigere Ausstattung in einer grünen Leinenkassette.
Für die Mappe entwirft René Block das Vorsatzblatt »Von Meisterhand …«. In ironischer Überarbeitung einer in den 1960er Jahren bekannten, sich altbacken auf Tradition und Qualität berufenden Weinbrand-Werbung zeigt sich ausgewiesene »Kennerschaft«, wie der überarbeitete Werbetext der Vorwortgrafik es nun zu verstehen gibt, in der Würdigung der vorliegenden Grafik des Kapitalistischen Realismus.
Den Begriff des »Kapitalistischen Realismus« verwendet Block bereits für seine erste Ausstellung Neodada, Pop, Decollage, Kapitalistischer Realismus der neu gegründeten Galerie im Herbst 1964, an der die in der Grafikmappe vertretenen Künstler teilnehmen. Im Jahr zuvor hatten Gerhard Richter und Konrad Lueg für ihre Aktion Leben mit Pop. Eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus im Düsseldorfer Möbelhaus Berges diesen Begriff geprägt. In der Verwendung der Galerie Block erfährt er eine inhaltliche Erweiterung und begründet in der Konstellation mit Neodada, Pop Art und Décollage die ästhetische Programmatik der frühen Galeriezeit. »Mich faszinierte die Fähigkeit dieser Künstler«, schreibt Block wenige Jahre später, »mit dem Gegenstand auch dessen Realität und Umgebung, den politischen Alltag, die gesellschaftliche Situation und mit dieser auch die Kritik an ihr (ja und nein) in das Abgebildete einbeziehen zu können.«1
In der Programmatik der Galerie Block ist der »Kapitalistische Realismus« als manifeste Positionierung einer jüngeren deutschen Künstlergeneration gegenüber der amerikanischen Pop Art zu verstehen, wenngleich deren Ansätze, die Konsumgesellschaft, Alltägliches und Triviales sowie die massenmediale Verbreitung von Bildern zum Ausgangspunkt einer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Realität zu machen, durchaus vergleichbar sind wie auch das Interesse, mit neuen Reproduktionstechniken zu arbeiten. Anders als die amerikanische Pop Art hat die deutsche Ausprägung des Kapitalistischen Realismus jedoch, wie Block festhält, »banalere und kleinkariertere Vorlagen« und ironisiert etwa »das Verhalten des deutschen Spießertums«.2 Gesellschaftspolitische Entwicklungen und die jüngste Geschichte werden unmittelbarer reflektiert.
Der Mappe Grafik des Kapitalistischen Realismus, die im Januar 1968 im Rahmen der Ausstellung Multiplizierte Objekte und Grafik des Stolpeverlages in der Galerie Block vorgestellt wird, folgt 1971 mit der Publikation Grafik des Kapitalistischen Realismus die Herausgabe der Verzeichnisse des druckgrafischen Werkes von KP Brehmer, K.H. Hödicke, Konrad Lueg, Sigmar Polke, Gerhard Richter und Wolf Vostell (EB31).
Text: Birgit Eusterschulte
1 René Block, »Mein letztes Wort (ich will hier nicht klären warum)«, in: Grafik des Kapitalistischen Realismus, Berlin 1971, S. 15.
2 René Block, »Die frühen Jahre. Gespräche mit Galeristen«, in: Kunstforum international, Bd. 104, Nov.–Dez. 1989, S. 256.
Arbeiten im Sammelwerk
Grafik des kapitalistischen Realismus






