K.H. Hödicke
Windrad

1970

EB28

Propeller, 4 Postkarten, auf Holzstil montiert
69 x 30 x 5 cm

12 Exemplare, signiert und nummeriert

4.800 Euro

Multiple von KH Hödicke. Vier identische Postkarten mit einer Ansicht der Insel Stromboli an einem Holzstiel angebracht, es sieht aus wie ein Windrad. In der Anordnung der Karten, die den aktiven Vulkan der Insel zeigen, wird die eruptierende Asche zur visuellen Antriebsdüse eines Windrades.

    In diesem rotierbaren Objekt sind vier identische Postkarten mit einer Ansicht der Insel Stromboli an einem Holzstiel angebracht. In der Anordnung der Karten, die den aktiven Vulkan der Insel zeigen, wird die eruptierende Asche zur visuellen Antriebsdüse eines Windrades, das die Insel zum Rotieren bringt, und in der Drehung das wahrnehmbare Bild der Ansichtskarte in einem Wirbel auflöst. Neben Hödickes Interesse für Wahrnehmungsfragen, der Darstellung von Bewegung in der Malerei und bewegliche Objekte begegnen wir hier auch seinem Wortwitz: der Name der Insel Stromboli ist aus dem griechischen Wort für »runde Insel« hergeleitet, die in Hödickes Objekt zu einer rotierenden Insel wird.
    Das Windrad ist nicht in der Sammlung von kleinen Objekten enthalten, die Hödicke als Der Europäische Reisekoffer für eine Ausstellung in New York zusammenstellte, aber in der Verwendung von Ansichtskarten ist es zumindest mit zwei Objekten aus dem Koffer verbunden. Neben dem Prototypen des Auflagenobjekts Ponte Vecchio (EB35), das eine Ansichtskarte von Florenz zwischen zwei Ziegelsteinen als Brücke über den Arno aufspannt, stellt es eine Korrespondenz zu einer Postkarte aus dem Koffer her, auf der eine Windmühle abgebildet ist. Auch darüber hinaus weist das Objekt einige Affinitäten zu den »Souvenirs« auf, die Hödicke in diesem Koffer aufbewahrt hat. Diese sind »verfremdete Objekte, die Hödicke auf seinen Reisen gesammelt hat«, schreibt Irene von Zahn anlässlich der Ausstellung des Koffers in New York 1976.1 Auch Windrad ist ein solches Souvenir und knüpft wie diese in seiner ironischen Verspieltheit und gewitzten Umdeutung gefundener Alltagsgegenstände an Marcel Duchamp an. Die intensive Auseinandersetzung mit dem französischen Dadaisten, die sich in Hödickes Werk auch in den Fenster- und Glasobjekten niederschlägt, findet ihren deutlichsten Ausdruck wohl in einer gemeinsam mit René Block ausgeführten Aktion, die eine Dokumentation des Senders Freies Berlin aus dem Jahr 1970 über die Galerie Block rahmt. An einem kalten Wintertag sitzen die beiden auf weißen Stühlen an einem kleinen runden Tisch mit einem Miniatur-Schachspiel im knöcheltiefen Schnee, spielen Schach und trinken Wodka. »Tja, Duchamp war besser, ne?«, stellt Hödicke fest, nachdem er eine Partie verloren hat, obwohl er »die berühmte Eröffnung […], die Marcel immer spielte« zitiert, wie er seinen Galeristen zu Beginn des Spiels wissen lässt.2
    Text: Birgit Eusterschulte

    1 Irene von Zahn, Der Europäische Koffer, Typoskript, Archiv René Block 1976.

    2 »Das Berliner Fenster«, SFB, 12.03.1970, 32:37 min. Regie Jan Franksen.