Dick Higgins
Albumblatt

1982

EB50

Siebdruck
30,5 x 60,5 cm

50 Exemplare, signiert und nummeriert

300 Euro

Grafik von Dick Higgins. Ein längliches Blatt mit Notenlinien. Darüber sind viele rote gebogene Pfeile gedruckt.

    »Much of the best work being produced today seems to fall between media«, beginnt Higgins 1966 in der ersten Ausgabe von The Something Else Newsletter,1 seine Überlegungen zum Intermedialen in der zeitgenössischen Kunst, mit dem sich auch das Gemeinsame der Fluxus-Aktivitäten charakterisieren lässt: Visuelle Poesie, Aktionsmusik, Happenings und Fluxus-Events nehmen zwar konzeptuell Bezug auf klassische Gattungen, interessieren sich aber nicht für konventionelle Grenzziehungen. Dies gilt auch für die künstlerische Arbeit des Poeten, Fluxus-Künstlers und Komponisten Higgins, der die Bestimmungen des Musikalischen etwa beim Konzert Fluxus. Festspiele neuester Musik in Wiesbaden 1962 mit der Aufführung von Danger Music (1962) auf die Probe stellte, insofern seine Komposition in Form von Event Scores vorsah, Aufführende und Publikum einer Gefahr auszusetzen.
    In der Galerie Block tritt Dick Higgins zusammen mit Alison Knowles erstmals im Oktober 1966 mit der Aufführung von Fluxus Concert im Forum-Theater am Kurfürstendamm auf. Im Herbst 1973 stellt die Galerie Block neben einer Einzelausstellung von Dick Higgins in der Ausstellung Something Else Press. Portrait eines avantgardistischen Verlages die knapp zehnjährige publizistische Tätigkeit des Mitbegründers und Herausgebers von konkreter Poesie und Fluxus Higgins vor, der nach dem Bruch mit George Maciunas 1964 einen eigenen Verlag gegründet hatte.
    Während Higgins’ Aufenthalt als Stipendiat des Berliner Künstlerprogramms 1982 entsteht der Siebdruck Albumblatt, der in einer Auflage von 50 Exemplaren erscheint. Die im Titel des Blattes benannte freie Form der Komposition findet ihre Übersetzung in eine Notation, ohne die konventionellen Mittel des Partiturschreibens zu verwenden. Die visuelle Partitur vermittelt in der dynamischen Bewegung der roten Pfeile, die sich über das linierte Notenblatt bewegen, eine musikalische Vorstellung und ein Bild des Komponierten, bleibt aber als Instruktion für dessen Aufführung und Instrumentierung denkbar unbestimmt. Geplant war die Grafik Albumblatt zunächst als Beilage zu einer LP mit einer von Higgins eingespielten Komposition von Erik Satie und einem eigenen Musikstück. Der in Teilen der Auflage einfach gefaltete Siebdruck hat daher das Format einer Schallplattenhülle. Da die Qualität der Aufnahmen nicht den Ansprüchen des Verlegers entsprach – in Higgins’ Einspielung hatte sich an einer Stelle Hundegebell eingeschlichen –, wurde die LP jedoch nicht produziert. Allein das Wissen um die im Hintergrund stehenden Kompositionen von Higgins und Satie verändert indes die Wahrnehmung der visuellen Partitur.
    Text: Birgit Eusterschulte

    1 The Something Else Newsletter 1, Nr. 1 (Something Else Press, 1966).