Joseph Beuys / Nam June Paik
In Memoriam George Maciunas

Zum Gedenken an den im Mai 1978 verstorbenen Künstler und Begründer der Fluxusbewegung George Maciunas führen Joseph Beuys und Nam June Paik am 7. Juli 1978 in der Aula der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf ein Klavierduett auf, das als Fluxus-Soirée der Galerie Block veranstaltet wurde. Dort, in der Düsseldorfer Kunstakademie, hatte 1963 das Festum Fluxorum Fluxus. Musik und Antimusik. Das instrumentale Theater als vierte Station einer von George Maciunas konzipierten internationalen Fluxus-Tournee stattgefunden, die Paik in Absprache mit Maciunas organisiert hatte. Auf dem Festum Fluxorum Fluxus hatte Beuys 1963 seine erste Fluxus-Aktion Sibirische Symphonie 1. Satz aufgeführt.
»Wir stellen zwei Pianos auf«, beschreibt Beuys das Klavierduett In Memoriam George Maciunas, »er [Paik] macht seine Sache, ich mache meine Sache, wir haben uns nicht abgesprochen über das, was wir machen. Also tonmässig. Wir treffen uns an diesem bestimmten Punkt, keiner weiss vom andern, was er macht; das einzige, was wir wissen, und worüber wir uns geeinigt haben, ist die Zeit.«¹ Nach genau 74 Minuten wird das Konzert durch ein Weckerklingeln beendet. George Maciunas war im Alter von 47 Jahren verstorben.
Unter der Nr. 48 der Edition Block In Memoriam George Maciunas sind drei unterschiedliche Versionen erschienen, die aus dem gleichnamigen Erinnerungskonzert von Joseph Beuys und Nam June Paik hervorgegangen sind. Zwei Langspielplatten mit der Aufzeichnung des Klavierduetts (48 b) erscheinen in einer Auflage von 500 Exemplaren. Das Cover der Doppel-LP zeigt George Maciunas mit Gorillamaske, wie sie in seiner Flux Mass (1970) zum Einsatz kam. Das Portrait des maskierten Künstlers entstand jedoch im Rahmen einer Auseinandersetzung mit den New Yorker Behörden, denen Maciunas sich zu entziehen suchte. Das Layout des Covers nimmt die Gestaltung der Einladungskarte auf, die von René Block entwickelt worden war und ebenfalls den maskierten Künstler zeigte. Die reproduzierte und vergrößerte Einladungskarte, die in dieser Form auch als Veranstaltungsplakat verwendet wurde, ist im Siebdruckverfahren auf Leinwand gedruckt als Nummer 48a der Edition erschienen; die Auflage ist nummeriert und in Teilen von Joseph Beuys oder Nam June Paik signiert, in Teilen von Joseph Beuys und Nam June Paik.
Die Konzertflügel hatten Beuys und Paik für das Gedenkkonzert mit unterschiedlichen Utensilien präpariert. Beuys verwendete unter anderem einen Filzkeil, den er isolierend unter eines der Klavierbeine schob. Ein solcher Keil aus gepresstem grauen Filz ist in die dritten Version des Auflagenobjektes In Memoriam George Maciunas eingegangen. Die Nummer 48c fasst in einem hölzernen Kasten neben dem Filzkeil von Beuys und der Doppel-Langspielplatte des Konzertmitschnittes ein Objekt von Nam June Paik. Paiks Urklavier, eine Astgabel mit Tastatur aus quer liegenden kleineren Ästen, lässt sich rückbeziehen auf Objekte wie Urmusik (1961), die in die Zeit seiner ersten Begegnungen mit Fluxus fallen. Im Kastenboden ist ein Segment passförmig für den Filzkeil abgeteilt, die Langspielplatte ist mit einer Halterung im Deckel angebracht. Während der Filzkeil wie der Großteil der Auflagenobjekte von Beuys in der Edition Block nicht signiert ist, sind Teile der Auflage von Paik auf einem eingelegten Tonpapier nummeriert, signiert und mit einer Skizze des Urklaviers versehen. Einzelne Exemplare der Auflage sind zudem von Beuys auf dem Umschlag der Schallplatte signiert. Die nach dem Tod von Beuys verkauften Exemplare sind mit einem Stempel des Beuys-Nachlasses versehen und von Wenzel Beuys signiert.
Text: Birgit Eusterschulte

¹ Beuys, in: Georg Jappe, »Am Klavier mit Joseph Beuys«, Kunst Nachrichten, Heft 3, Mai 1985, S. 72.