Gerhard Richter
Atelier

Bei Editionen in den Medien Malerei, Fotografie oder Druckgrafik arbeitete Gerhard Richter gerne mit dem Prinzip der Einzigartigkeit oder Singularität, indem er unterschiedliche Methoden entwickelte, ein Motiv im Kontext der jeweiligen Produktionsweise in seiner Erscheinung zu variieren. Diese „Unikate in Serie“ – ein nur scheinbar paradoxes Prinzip, mit dem auch die von Block herausgegeben Auflagenobjekte häufiger arbeiten – bedienen einerseits das Begehren des Sammlers nach dem Einzigartigen, erlauben aber vor allem dem Künstler ein experimentelles Arbeiten mit der spezifischen Technik und Produktionsform. Die Edition Atelier fügt einem ursprünglich einfachen Auflagendruck diesen Effekt der Einzigartigkeit nachträglich hinzu. Die Offsetdrucke in zwei Grautönen entstanden nach einer unscharfen Schwarzweiß-Fotografie von Richters erstem Düsseldorfer Atelier am Fürstenwall 204. Richter produzierte die Auflage von 150 identischen Exemplaren als Beitrag der Galerie Block für die zweite Grafikmappe des Vereins Progressiver deutscher Kunsthändler zum Kölner Kunstmarkt 1968. Nachdem im Februar 2017 überraschend sieben vergessene Mehrdrucke aufgetaucht waren, kam es zu einer gezeichneten Überarbeitung „in Auflage“. Die sieben Mehrdrucke der im Kontext von Richters Gesamtwerk wenig bekannten Grafik wurden vom Künstler am 6.2.2017 mit Bleistift und Graphitstift, teilweise auch mit einem scharfen Messer und Radiergummi, individuell und äußerst variantenreich überarbeitet, signiert und nummeriert. Diese seriellen Unikate vereinen die Medien Druckgrafik und Handzeichnung, wobei der Einsatz der unterschiedlichen Zeichenmittel von sparsamen Akzentuierungen bis zu großflächigen Überarbeitungen reicht. Die grafischen Überarbeitungen erzeugen eine zweite, das gegenständliche Motiv überlagernde abstrakte Bildebene.
Text: Eva Scharrer